Mittwoch, 7. Oktober 2015

Warum die Work das Life nicht balanced

Die vorherigen Ausführungen des geschätzten Kollegen Sterling noch im Geiste, habe ich mich gerade gefragt, warum es so etwas krudes wie "Work-Life-Balance" überhaupt gibt? Die schlichte Tatsache der mannigfaltigen, gesellschaftlichen Diskussion dieses künstlich erschaffene Gutes ökonomisch verblendeter Maßstabsbetrachtung, impliziert ja schon eine erhebliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Es bedarf also wieder ein mal eines möglichst generischen Begriffs, der keinerlei adäquate Definition vorweisen kann, und den jeder anders auslegt, um in bester Stammtisch Manier darüber zu schwadronieren, dass es so ja nicht weiter gehen kann, oder eben doch genau so wie es gerade ist, oder was auch immer.
Sprich - die Begrifflichkeit inklusive ihrer hanebüchenen Diskussion führt sich schon per Definition ad absurdum.
Fun Fact am Rande: Der Suchbegriff "Work Life Balance" ergibt 187.000.000 Treffer bei Google (in 0,36 Sekunden), der Begriff "angenehmes Leben" jedoch lediglich 1.050.000 Treffer (dafür in rasend schnellen 0,28 Sekunden). Diese definitiv nicht repräsentative Untersuchung der Relevanz beider Begrifflichkeiten steht aber symptomatisch für die Perversion des Umgangs mit arbeitsbezogenen Themen. Anstatt sich generell mal Gedanken darüber zu machen in was für einer Welt wir eigentlich Leben wollen (erwähnt sei hier noch mal in aller Deutlichkeit, dass jedwede Form von Arbeit und deren Ergebnissen niemals ein Selbstzweck sein kann (auch wenn das die Cerebralasketen der standard BWL immer so gerne postulieren), sondern am Ende des Tages immer jemandem nützlich ist (sein sollten), selbst wenn es wie im aktuellen Turbokapitalismus nur eine ganz kleine Zahl von Menschen ist)?
Wie krank ist es also, dass es offenkundig eines vermeintlichen Korrektivs bedarf, um Überbordende Ausbeutung, vermeintlichen Schutzes vor sich selbst, und welch fadenscheinige Rechtfertigungs-Begrifflichkeit auch immer seitens der beobachtenden stellen vorgeschoben werden, zu messen und zu steuern?

So richtig widerwärtig wird es dann aber, wenn in den zu meist größeren Unternehmen (in welchen es mit der Work-Life-Balance alleine schon aufgrund der massiven Konzentration soziophobischer Psychopathen nicht all zu weit her sein kann), die offiziell zuständigen Stellen (HR) den "Menschen-Rohstoff" (nichts anderes heißt Human Ressources übersetzt) und dessen "Wirk-Life-Balance" vermessen lassen:
Da wird dann z.B. in dem bei allen Autoren so beliebten Gulag, parallel zum offiziell kommunizierten Personal-Abbauprogramm (inkl. aller neoliberaler Schweinereien die das Leben so unattraktiv machen können), die Krankenstandquote gemessen, und sich auf das feisteste darüber abgefeiert wenn diese gesunken ist, inkl. der nachfolgenden Diskussion über die Übererfüllungs-Boni bei den leitenden Führungskräften (ein geradezu epische Beispiel für die missbräuchliche Verwendung von Korrelation und Kausalität). Und wieder ein mal fühle ich mich in meiner Intelligenz beleidigt!

Am ende des Tages muss sich ein Jeder doch fragen, welchen Stellenwert eine vermeintliche gesellschaftliche Stellungen, "Erfolg" (was auch immer das sein soll) und "Karriere" (von der ich schon wieder nicht sagen könnte was das eigentlich heißt) im eigenen Leben haben sollen? Dabei kann ich jedem nur raten sich auf das gründlichste reflektiv zu hinterfragen, wie viel der gefühlten Sehnsüchte die eigene Person ausmacht, und wie groß der Anteil äußerer Einflüsse ist.
Interessanter weise besteht eine ebenfalls ausgesprochen gut messbare Korrelation (und in diesem Fall bin ich geneigt auch den kausalen Zusammenhang darin zu erahnen) zwischen Menschen deren Definition der eigenen Person ganz eng mit der beruflichen Stellung verbunden ist, und dem Umstand, dass nichts mehr von diesen Personen übrig bleiben würde, nähme man Ihnen ihr geliebtes Machtgefüge weg.
Zu meist sind es aber genau diese "Karrieren" die als Vorbildfunktion all der selbsternannten "Highperformer" herhalten müssen, und deren skrupellose Ignoranz als Endlager menschlicher Fehlentwicklung, immer noch den Stellenwert des Erstrebenswerten in der Lehre inne hat. Und so lange dieser Umstand in der Ausbildung all der Mehrheitsfähigen Möchtegern-Eliten der vielen St. Gallen Connections zum Standard gereicht - so lange brauchen wir uns über "Work-Life-Balance" eigentlich nicht zu unterhalten.
Sicher ist nur: Die mit "Work" vergeudetet Zeit, um sich gut betuchte "Balance" zu erkaufen, die kann einem niemand wieder geben!

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