Was ist denn nun eigentlich diese sagenumwobene
Spieltheorie? In nullter Näherung erst einmal eine recht simple Erklärung von
Interaktion, beschrieben wie in einem Spiel. Im überwiegenden Teil der heut zu
Tage zum Zeitvertreib benutzen Gesellschaftsspiele, geht es meistens gegen einander,
sprich, jeder versucht sich geschickter an zu stellen als seine Gegner. Die
Spieltheorie beschreibt in vereinfachter Form den Zustand der Interaktionen,
wenn das alle versuchen. Die Mathematische Beschreibung dieses Zustandes kann bei
ebenfalls massiver Vereinfachung der Realität beschreibend auf diese angewandt
werden, wobei versucht wird bei der Lösung der zugrundeliegenden Gleichungen ein
sogenanntes Nash-Gleichgewicht her zu stellen. Das wiederum bedeutet, es ist
nur dann eine Lösung eines „Spiels“ sinnvoll, wenn diese das Spiel nicht aus
sich selber heraus zerstört, also stabil ist. Diese an sich erst mal sehr
sinnvolle Beschreibung abgeschlossener Bezugssysteme wird dem 2015 bei einem
Autounfall verstorbenen Mathematiker John Nash zugeschrieben, der dieses Endstadium
meist egoistisch enervierter Entscheidungsprozesse (Endstadium, weil: es kann
sich niemand mehr verbessern. Ist dieses Stadium erreicht und stabil spricht
man von einem Nash-Gleichgewicht) in seiner Dissertation über nicht kooperative
Spiele (hier war es Poker) als erster beschrieb. Der zugegebenermaßen etwas provokante
Titel meines Beitrages handelt nun davon, dass dieser an sich extrem sinnvolle
Ansatz in der Ökonomie, bzw. von deren Ausführenden bis zur Unkenntlichkeit
vergewaltigt wird. Meine Behauptung leitete sich aus dem Studium unzähliger Artikel
und postulierter Anwendungsfälle dieses Mathematischen Konstrukts von Menschen
ab, deren Naturwissenschaftlicher Horizont offensichtlich den einer madagassischen
Lemure nicht sonderlich übersteigt. Heerscharen ehrgeiziger Anzugträger in Spe müssen
im Grundstudium der Ökonomie die Auswüchse der Anwendung dieses mathematischen
Theorems über sich ergehen lassen – gleichwohl meistens ohne es zu verstehen
(oder verstehen zu wollen). Richtig
angewendet kann die Spieltheorie in erheblichem Maße dazu beitragen Strategien
zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, aber sie wird eben meistens in der
Wirtschaft nicht richtig angewandt sondern die reine Ausführung als solche, als Feigenblatt für Unwissenheit und Überforderung der Deutungsbefugten verwendet. Oder besser gesagt, sie wird missbräuchlich
verwendet um eine Legitimation für Auswüchse egomaner Entscheidungsträger zu produzieren.
Genauso wie Darwins Evolutionstheorie permanent in der Öffentlichen Wahrnehmung
und den Medien mit „der Stärkere setzt sich durch“ in Gänze falsch übersetzt
wird, und daraus totalitäre Ansprüche bis hin zu hegemonialen Deutungshoheit
marktradikaler Wirtschaftszweige abgeleitet werden, genau so wird die an sich
genial (einfache) Beschreibung der Spieltheorie in monokausale Pseudozusammenhänge
übersetzt, die am Ende des Tages die Reduktion auf den kleinsten gemeinsamen
Durchschnittswert als Ergebnis hat. Konkret bedeutet das, dass Die Spieltheorie
so angewendet, das komplexe Wesen Mensch auf sein instinktives und
impulsgesteuertes Handeln nach Aktio und Reaktio reduziert. Durch das Postulat
der egoistischen Maxime als rationales Handlungskonzept ergeben sich
rechnerische Quellen entlang derer durch monokausale Motivinterpretationen
vermeintlich ausgesprochen präzise Vorhersagen produziert werden können. Dabei
lässt die Spieltheorie aber außer Acht, dass sich so lediglich der
archaisch-prähistorische Bereich des menschlichen Wesens beschreiben lässt, und
führt das eigentliche Menschsein ad absurdum.
Erhebt man diese Art der ökonomischen Beschreibung des Menschen aber zur
Grundlage unseres Wirtschaftssystems, wird das deskriptive Modell zur
normativen Kraft des Faktischen, wodurch die massive Reduktion in der
Beschreibung des Menschen zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. Und
genau das haben wir anscheinend mittlerweile erreicht, wenn ich mich in Bezug
auf Produktvielfalt, wirtschaftlichen Interessensvertretungen und
marktradikalen Grundrichtungen so umschaue. Das Endstadium einer solchen
Entwicklung kennen wir bereits. Wir müssen uns nur fragen, ob wir einen solchen
ökonomischen Friedhof wie das System der USA WIRKLICH auch wollen. Es gibt
bezüglich der blödsinnigen Auswüchse einer solchen in Teilen fast schon
religiösen Verheerung einer Rechenvorschrift ein meines Erachtens sehr schönes
Beispiel aus jüngster Zeit. Da wurde die Spieltheorie auf die
Griechenlandkriese angewandt, mit folgendem Ergebnis, wie die ansonsten von mir
nicht gerade geliebte FAZ wundervoll zusammengefasst hat (auch wenn deren
Artikel ausgesprochen pro Spieletheorie daher kam):
„Für Griechenland wäre
es am besten, wenn es nicht spart, Deutschland aber Eurobonds unterstützt, und umgedreht
wäre es für Deutschland am besten, wenn Griechenland spart, Deutschland aber
Eurobonds vermeiden kann“, analysierte die Bank of America und zeigte das
Nash-Gleichgewicht auf: Griechenland spart nicht, und Deutschland verhindert
Eurobonds.
Solche offenkundig unsinnigen Resultate der von Ökonomen
angewandten Spieltheorie wird in Management kreisen aber durchaus für bare
Münze genommen und Vorgehensweisen daran ausgerichtet. Da wundert einen auch
nicht mehr, dass Konzernstrategien zumeist entweder so viele nichtssagende
Allgemeinplätze beinhaltet, dass sie den Begriff Strategie nicht mal im Ansatz
verdienen, oder eben komplett realitätsfremd irgendwelchen Geisterzahlen hinterher gerannt
wird.
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