Sonntag, 29. Januar 2017

Alternative Fakten und postfaktisch im Management

Und endlich gibt es eine Formulierung für ein Verhalten, dass ich auch im Management seit langem beobachte, mir aber immer die einfache Beschreibung dafür gefehlt hat. Politik und Management sind ja auch irgendwie ähnlich.

Das ist das schöne an Sprache und Gesellschaft. Es entstehen immer wieder neue Begriffe und Phrasen. Im welcher Ausprägung auch immer. In dem Fall halt klarer Dünnpfiff, also Bullshit. Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte es eigentlich echt lustig sein.

Nun gut, im täglichen Wahnsinn der Gremien und Meetings, beobachte ich ab und zu, dass mache Kollegen/ innen eine faktenfreie, aber mit vehementer Selbstsicherheit oder einer dramaturgischen Polemik formulierte Aussage in den Raum werfen die de facto nichts anders ist als eine Behauptung oder bewusste Falschaussage. Die dann meistens gefolgt mit einem verstärkenden Nachsatz wie bspw "das sind wir uns hier am Tisch ja wohl alle einig".
Natürlich hat jeder das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wenn man aber keine Ahnung hat sollte man besser die Klappe halten. Aber darum es geht ja auch nicht um Ahnung = Fakten, sondern oft genug nur um die eigene Interessenverfolgung und Selbstdarstellung. 

Im Begriff der "Alternativen Fakten" spitzt sich im Grunde genau die Tatsache zu, dass es eigentlich überhaupt nicht um Fakten geht. Es geht am Ende bei einigen leider zum Großteil um Gefühle, um subjektives Empfinden, um Meinungen und Macht. Macht in dem Sinn, dass meine Meinung wichtiger ist und deshalb die Wahrheit. Die echte Wahrheit rückt in den Hintergrund und wird relativ = anders richtig = Alternative Fakten halt.

In der Konsequenz führt das aus meiner Sicht an vielen Stellen dazu, dass "Entscheider", auch in Überforderung ob der hohen Komplexität und mangels Vertrauen/ mangels Leadership (Empowerment), nicht faktenbasiert rational, sondern aufgrund persönlicher Empfindungen ("den mag ich"), Opportunitäten ("das passt gerade gut") und emotionalen Beziehungsgeflechten ("der ist wichtig für mich") entscheiden.
Das kann (zufällig) im Sinne des Unternehmens sein, muss es aber halt leider nicht. Das ist dann auch oft der Moment, wo Mitarbeiter Entscheidungen nicht mehr verstehen, nicht nachvollziehen können, weil das Nachvollziehen von Alternativen Fakten und insgeheimen Beziehungsgeflechten halt auch einfach nicht möglich ist.

Btw: zu Ehrenrettung, manchmal liegt es auch einfach nur an schlechter Kommunikation. Nicht alle Entscheidungen sind faktenfreie und falsch. Und wichtig ist ja, das min 51% der Entscheidungen richtig sind. ;-)

Aber, eins steht fest, so oder so, Alternative Fakten sind einfach Scheiße. Sonst nichts.


Passend dazu ist ja auch der Begriff des "postfaktischen": 
Wikipedia: "Postfaktische (Politik) ist ein (politisches) Denken und Handeln, bei dem Fakten nicht im Mittelpunkt stehen. (...) In einem postfaktischen Diskurs wird hingegen gelogen, abgelenkt oder verwässert, ohne dass dies entscheidende Relevanz für das Ziel(...) hätte. Entscheidend für die von postfaktischer Politik angesprochenen (...) ist, ob die angebotenen Erklärungsmodelle eine Nähe zu deren Gefühlswelt haben."

Sag ich doch. Alles nur ein "Wahrnehmungs-Game". Wer also der Top-Performer wahrgenommen werden will, der muss also gar nicht so viel tun, sondern einfach dabei dann immer schön Ja sagen und den brauen verbalen Haufen des Chefs als schönste Bratwurst "ever" bezeichnen. Dann bekommt man auch immer recht, selbst wenn man nicht recht hat. Weil ist ja einfach anders richtig und im Zweifel einfach nur, weil man so nett ist und es sich dann für den einfach gestrickten kleinen Geist gut anfühlt. Und ganz im Zweifel waren es halt Alternative Fakten. Die mächtigsten Diener sind die mit dem mächtigsten Herren. Also im schön opportun nah dran bleiben am Ar...

Die Erde ist eine Scheibe. Die Zahnfee existiert. Gott ist groß. Ihr seid die Besten. Das sind wir uns hier ja wohl alle einig! ;-)

#KellyanneConway #alternativefakten #postfaktisch

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